Das Wangenheimpalais: eines der wichtigsten klassizistischen Bauten Hannovers
Das Wangenheimpalais ist eines der bedeutendsten klassizistischen Bauwerke, das in der niedersächsischen Landeshauptstadt zu Hause. Mit diesem Prachtbau bewies Architekt Georg Ludwig Friedrich Laves seine Begeisterung für Bauten des Klassizismus, die er auch mit seinem eigenen Wohnhaus – dem Laveshaus – auslebte.
Ein privates Wohnhaus für einen Grafen
Alles begann von 1829 bis 1833. Damals erbaute Laves den Palast im Auftrag des Grafen Georg von Wangenheim, der ein privates Wohnhaus wünschte. Das Resultat ist ein ansehnlicher dreigeschossiger Massivbau, dessen monumental anmutender Eingangsbereich durch einen Säulenvorbau von sechs toskanischen Säulen gestützt wird. Die zweiflügelige Eingangstür ist hingegen mit ornamentalen Elementen ausgestattet. Es dauerte nur wenige Jahre, bis das Wangenheimpalais erweitert wurde. Die Stirnseite in Richtung Friederikenplatz wurde 1944 um einen zweigeschossigen Wintergarten samt Grundriss in der Form eines Halbkreises erweitert. Nachdem Graf von Wangenheim im Jahr 1951 verstorben ist, erwarb das Königreich Hannover das Palais für 100.000 Reichstaler. Das Domizil wurde den Vorstellungen des nunmehr vor Ort residierenden Kronprinzen angepasst. Von diesem Tag an trug der Prachtbau den Namen „Residenz-Palais“.
Die Besitzer wechselten stetig
Nachdem König Georg V. seinen Hauptwohnsitz jedoch nach Herrenhausen wechselte, erwarb die Stadt Hannover das Wangenheimpalais 1862 als eigenen Besitz. Das Wappen der Stadt wurde im Giebelfeld befestigt. Von diesem Tag an wurde die Residenz als Rathaus genutzt. Diese Funktion behielt das Palais bis zur Eröffnung des neuen Rathauses im Jahr 1913 bei.
Bauliche Besonderheiten des Wangenheimpalais
Im Laufe der Zeit war der Palast immer wieder Neuerungen ausgesetzt. Bereits um 1897 wurde das alte Dach durch ein höheres Ziegeldach ersetzt. Der über zwei Geschosse verlaufende Festsaal samt Kuppelgewölbe und Musikempore wurde 1913 eliminiert. Tragische Zeiten standen im Zweiten Weltkrieg bevor, als das Palais komplett ausbrannte und die Innenräume vollständig erneuert werden mussten. Nachdem die Stadtverwaltung das Haus bis zur Mitte der 1950er Jahre für unterschiedliche Einsätze nutzte, erwarb das Land Niedersachsen das Gebäude als Sitz für das Wirtschaftsministerium. Diese Funktion hat sich der heutige Sitz des Niedersächsischen Ministeriums für Arbeit, Wirtschaft und Verkehr weitgehend bewahrt. Um den Anforderungen an eine architektonische Dominate des Ministeriums gerecht zu werden, vereint das Haus nach massiven Grundrissänderungen mehrere Büroräume, einen Sitzungssaal sowie ein Ministerzimmer. Ein Highlight ist der im Erkerzimmer befindliche Sitzungssaal, der mit einem ansehnlichen Stuckrelief an der Hauptwand, einem Gipsschnitt unter der Erkerdecke sowie einer gewölbten Gipsdecke ausgestattet ist. Auf dem Wandrelief sind Abbildungen aus Verkehr und Wirtschaft dargestellt, die von Tauben und Pferden als erste Verkehrsmittel über Krüge als historische Gefäße bis hin zu symbolischen Figuren samt Waage und Rad als Zeichen für Verkehr und Wirtschaft stehen. Auf dem Gipsschnitt spiegeln sich unterschiedliche Handwerks- und Industriezeichen wider, die über das Hannoversche Kleeblatt miteinander verbunden sind.
Ein Aushängeschild der Architektur der 50er
Doch die Innenbereiche des Wirtschaftsministeriums haben noch mehr zu bieten. Viele Details erinnern bewusst an Gestaltungselemente der 50er Jahre. Ob eine pastellfarbige Verglasung samt Betonraster an der Stirnwand oder zwei Darstellungen von Waage und Rad, die den Verkehr und die Wirtschaft Hannovers symbolisieren – das Wangenheimpalais erinnert an ein Sammelsurium unterschiedlichster Kunstwerke, die allesamt ihre hohe Aussagekraft vereint. Für Erstaunen sorgt ebenfalls der hinter dem Palais verlaufende Verbindungsgang. Hier erblicken Besucher einen im Wandvorsprung verewigten kreisförmigen Ausschnitt, der den Blick auf ein zweigeschossiges Treppenhaus – die Giraffentreppe – freigibt. Weitere architektonische Details wie mit Kieselornamenten verzierte Sichtböden, Natursteinböden oder Marmor im schwarzweißen Farbton runden das Gesamtkunstwerk ab. Dieser Anblick ist ein Paradebeispiel für die Material- und Formvielfalt der 1950er Jahre.